Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin!
Dass dies aber ausgerechnet Sonntag um 08h in der Früh sein muss…begeisterte mich nicht unbedingt.
Aber nun denn, so war es halt und somit trafen dann auch tatsächlich alle pünktlich und fast gut gelaunt am Stolberger HBF ein, um dann – nach einem kurzem Aufenthalt und Umstieg in den ICE in Köln – am frühen Nachmittag dann auch tatsächlich am Berliner HBF einzutreffen.
Welch´ ein Unterschied zu Stolberg…
Kurz die Zimmer im fußläufig entfernten Hotel eingerichtet und schon ging es los. Eine erste Erkundungstour. Zu Fuß durch Berlin, bereits vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten und Skurrilitäten (Socke!) – hin zu einer grotesk organisierten Pizzeria. Während einige von uns bereits aufgegessen hatten, hatten die anderen noch nicht einmal Getränke bestellen können. Somit blieb uns aber zumindest Zeit genug, die ersten blutigen Blasen zu verarzten, bevor wir uns auf den Rückweg machten und sowohl am wunderschön erleuchteten Brandenburger Tor als auch am bunt illuminierten Sony Center vorbeikamen. Am Ende des Tages zeigte Leas Schrittzähler stolze 17,5km an.
Am folgenden Tag nutzen wir die Chance, auf dem Weg zur Landesvertretung NRW einen Blick in die beeindruckend schöne Friedenskirche mit ihren unzähligen kleinen, blauen Fenstern zu werfen. Anschließend zog es einige ins Nobelkaufhaus KaDeWe. Andere konnten bereits erste Jagderfolge bei Primark oder Adidas vermelden und trafen etwas verschwitzt – aber glücklich – wieder am Treffpunkt ein. Der abendliche Besuch des Bundesrats veranschaulichte sehr schön, wie Gesetze in Deutschland entstehen. Unser Vorschlag lautete: Cannabis legalisieren – für medizinische Zwecke. Einen kleinen Kulturschock erlebten nicht wenige Schüler dann beim späteren Besuch des Open Air Kinos im linksalternativ angehauchten Viertel. Zugegeben: der Film war auch nicht unbedingt leichte Kost, sollte jedoch den für Mittwoch Vormittag geplanten Besuch Sanssoucis und seiner Gärten vorbereiten.
Der Dienstag startete mit einem Besuch des Stasi-Gefängnisse Hohenschönhausen. Hier erfuhren wir auf eindringliche Art und Weise, welche Repressalien nicht obrigkeitstreuen Bürgern widerfuhren und wie machtlos man dem ausgesetzt war. Der Blick in die Zellen…die Vorstellung, hier mit neun weiteren Menschen den ganzen Tag in einer bestimmten Position sitzen zu müssen und zu wissen, man kommt nicht raus ohne was-auch-immer zu gestehen…ohne zu wissen, ob die Familie benachrichtigt wurde oder wie es ihnen geht…ließ unsere sonst fröhlichen Stimmen verstummen. Direkt im Anschluss wanderten wir die East Side Gallery entlang, dem längsten erhaltenen Teilstück der Berliner Mauer, welches abschnittsweise von Künstlern gestaltet wurde. In ganz Berlin wird der Verlauf der Mauer durch andersartige Steine in der Straßenführung bzw. auf Bordsteinen verdeutlicht und man erfährt auf diversen Informationstafeln allerhand Wissenswertes.
Und weil wir einmal da waren, ging es nun noch über die Spree nach Kreuzberg rüber.
Nach einer angemessenen Zeit zum Aufbrezeln haben wir uns abends wieder versammelt, um gemeinsam zur Discothek „Matrix“ zu fahren. Hatten die meisten Schüler dem zunächst noch entgegengefiebert, änderte sich dies im Laufe des Abends rasch. Es war brechend voll, so dass weder ein Durchkommen noch ein Tanzen wirklich möglich war. Während Burak das Platzproblem so löste, dass er nicht im, sondern auf dem Käfig tanzte, hielten sich die meisten abseits. Mein Angebot an einige, gemeinsam mit ihnen früher zurück zum Hotel zu fahren, entwickelte in Nullkommanichts eine erstaunliche Eigendynamik und schlussendlich standen fast alle abmarschbereit und sichtlich erleichtert am Ausgang. „Fast“ alle? Ja. Fast alle. Schließlich mussten wir noch irgendwie Burak einfangen…
Den letzten Tag verbrachten wir mit dem schon angesprochenen Besuch Sanssoucis und dem Besuch der Kuppel des Deutschen Bundestags, wo wir noch einen letzten Überblick über die Innenstadt Berlins genießen konnten bevor es abends dann zum Bowlen incl. Buffet ging. Hier hatte ich mir anfangs Sorgen gemacht, dass das eine ziemlich langweilige Sache werden würde und mich schon gefragt, wer sich das wohl ausgedacht haben mag…aber ich muss zugeben, dass das tatsächlich eine ganz spaßige Aktion war. Ein wirklich gelungener Abschluss einer rundum gelungenen Klassenfahrt.
Und das war sie wirklich.
Natürlich gab es vorher einige Horrorstories und Unkenrufe, wie schlimm es doch werden könne, wie anstrengend, wie doof, was die Schüler alles so anstellen können…aber ich war da relativ entspannt. Zwar war diese Klassenfahrt auch für mich die Erste, die ich mit älteren Schülern verbracht habe – aber ich war mir sicher, mich jederzeit auf „meine Lieblingschaoten“ verlassen zu können. Und so war es dann auch.
Natürlich gab es den ein oder anderen kleinen Ausreißer, wobei mich besonders freute, dass sich ein Schüler (Parallelklasse) auch nachts rührend um seine „Cousine“ kümmern und „ihr nur einen Chicken Burger abgeben“ wollte. Nachts gegen 02.30h. Auf seinem Zimmer.
Im Großen und Ganzen haben wir aber alle miteinander zwar eine anstrengende, aber entspannte und schöne Zeit miteinander verlebt. Lehrreich war sie obendrein – besonders, wenn man es schaffte, sich in der Nähe Klaus Geuchens, der meist forsch vorausschritt, aufzuhalten. Er teilte sein umfassendes Wissen gerne und hatte obendrein einige Ameröllchen auf Lager, die so ganz sicher in keinem Touristen-Führer zu finden sind.
In diesem Sinne: Berlin mit der 10b (und er „a“ natürlich auch) ist eine Reise wert.

S. Reinart